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Die Unterwäsche im Zeitalter der Industrialisierung

In der Herstellung der Unterwäsche vereinen sich heute nicht weniger als drei Kunsthandwerke. Die Lingéres, die Strumpfwarenherstellung und die Herstellung von Miederwaren.

Die Unterwäsche suchte lange Zeit nach einem Namen. Und bekam ihn schon früh: Lingerie. Ursprung ist der französische Ausdruck lingerie de corps – Wäsche für den Körper. Schon im 13. Jahrhundert verkauften die Lingeres Wäsche- und Weißzeug. Dazu gehörten sowohl Hemden als Vorläufer der Unterwäsche, aber auch Haushaltswäsche. Nur für die Aussteuer wurden speziell hergestellte Sonderanfertigungen mit Stickereien versehen, wobei dies aber oft noch von den Bräuten selbst erledigt wurde.

Im 19. Jahrhundert gab es dann schon spezialisierte Näherinnen, die bei einem Herrenausstatter oder Kurzwarenhändler angestellt waren, aber teilweise auch schon eigene Geschäftsräume besaßen.

Auf der anderen Seite standen die Strumpfwarenhändler. Sie strickten Nachthauben und Strümpfe und fingen später dann an, Unterwäsche herzustellen. Sie trugen im großen Maß zur Entwicklung von elastischen Stoffen bei, und ermöglichten so Unterwäsche, die sich dem Körper anpasste. Mit der Einführung der ersten Gummibänder bereiteten sie den modernen Dessous den Weg.

Der dritte Baustein ist die Kunst der Herstellung von Miederwaren. Das Mieder ist ein Sammelbegriff für Korsetts, Korsagen, Hüft- und Büstenhalter. Die Grundfunktion ist dabei das Stützen und Formen des Körpers.

Mit der Industrialisierung entstand ein industrieller Produktionszweig neben dem traditionellen Handwerk. Die wurde nicht zuletzt auch durch die Entdeckung von neuen Textilien ermöglicht, die sich nicht nur maschinell herstellen ließen, sondern auch besser verarbeitet werden konnten.

In der zweiten Hälfte des 19ten Jahrhunderts entwickelte sich dann ein regelrechter Kult um das, was man nun in Europa liebevoll Lingerie nannte. Ein einfaches Kleidungstück schaffte den Sprung aus der Nische in die Modemagazine, die dies nun als Neuheit feierten. Zusätzlich beflügelt durch das Aufkommen des Massenkonsum und der besonderen Werbung für Markenprodukte begann die Industrie nun die alten Handwerke zurück zu drängen.

Durch die maschinelle Produktion sanken die Produktionskosten und so wurde der Weg zu mehr Dekor und Verzierungen auch der Alltags-Unterwäsche frei. Bänder, edle Chantilly- oder Valenciennesspitzen, Perlen und endlos lange Borten gehörte so schnell zum Standard.

Heutige Unterwäsche liefert eine große Bandbreite an Stilen und Verzierungsgraden. Von funktional und sportlich bis zu raffiniert und verführerisch. Es bleibt spannen, in welche Richtung sich die Unterwäsche im 21ten Jahrhundert weiterentwickelt. 

Autor: Stefan Ansgar Böttcher

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